<Leonberg> Der Weil der Städter Stadt- und Regionalrat Hans Dieter Scheerer, Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Böblingen, führte gemeinsam mit dem Leonberger Stadtverbandsvorsitzenden Bernd Schönwald durch den Abend. Traditionell wird der FDP-Neujahrsempfang gemeinsam vom Stadt- und Kreisverband in Leonberg veranstaltet. Knapp 75 Gäste fanden sich hierzu im Galerieverein ein. Für die musikalische Begleitung sorgte die Jazzband „Backyard“. Grußworte überbrachten der Leonberger Baubürgermeister Klaus Brenner sowie der Fraktionsvorsitzende der FDP im Kreistag und im Leonberger Stadtrat, Prof. Dr. Dieter Maurmaier.
Scheerer berichtete kurz aus seiner Funktion als Regionalrat und forderte ein sorgsames Umgehen mit Steuergeldern. Er führte zwei Negativbeispiele auf, die vor allem von den Grünen verursacht worden sind. Zum einen den nicht benötigten Umbau des Bahnhofs in Renningen für die Hesse-Bahn mit ca. 3 Mio. €, oder die Verlängerung der S-Bahn vom Flughafen nach Nellingen. Hier werden für 4 km einspurige S-Bahn derzeit 209 Mio. € geplant. Wie hier Steuergelder verschwendet werden ist für Scheerer keine Grundlage mit den Grünen nach der Landtagswahl eine Koalition einzugehen.
„Wir müssen vorankommen“, mit diesen Worten machte Maurmaier auf die im Kreis anstehenden Projekte, wie die Arbeiten im Engelbergtunnel sowie die Überdeckelung der A81 aufmerksam. Er kritisierte die schleppende Umsetzung von Ideen, um diese Verkehrsprojekte gut über die Bühne zu bringen. Auch für die Klinik auf dem Flugfeld plädierte Maurmaier für frühzeitiges Handeln. So sollte auf freien Flächen auf oder um das Flugfeld Wohnraum für das Klinikpersonal geschaffen werden. Durch die Erfolge bei der Kommunal- und Kreistagswahl und einem Zuwachs von 50 % bei den Mandatsträgern blicke die FDP aber positiv in das neue Jahr und werde die anstehenden Themen kritisch begleiten. Wichtig sei, dass die vorhandenen Steuermittel sinnvoll und mit Bedacht eingesetzt werden.
Hauptredner an diesem Abend war Johannes Schmalzl, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart. Schmalzl ist ehemaliger Regierungspräsident des Regierungsbezirks Stuttgart und war unter anderem Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg. Zu Beginn stellte er die Frage „Tun wir genug, um junge Menschen zur Selbstständigkeit zu motivieren?“ Gerade die berufliche Ausbildung schaffe die Möglichkeit sich mit einem eigenen Betrieb selbständig zu machen. Nicht zuletzt deshalb fließt die Hälfte des Budgets der IHK in Bildung. Die Kammern gehen heute gezielt in Schulen, um für die berufliche Bildung und den Schritt in die Selbstständigkeit zu werben. Doch es fehle in Deutschland oft an Maß und Mitte, es gebe einen allgemeinen Drang zur Überregulierung. Ein Gastwirt müsse beispielsweise ca. 16 Stunden in der Woche für die Bewältigung der Bürokratie aufwenden. Die Überregulierung zeige sich auch in der kürzlich eingeführten Bonpflicht. „Wir dürfen unsere Selbstständigen und Unternehmer nicht wie potenzielle Steuerbetrüger sehen.“, so Schmalzl. „Gerade in Zeiten, in welchen die großen Unternehmen Ihre Neueinstellungen reduzieren, müssen wir mehr Leute für den Schritt in die Selbstständigkeit motivieren.“ Schmalzl forderte daher eine Vertrauenskultur für Gründer.
Gründer sollten in den ersten Jahren entlastet und von Bürokratie befreien werden, um sich auf ihre eigentliche Tätigkeit fokussieren zu können. Dass unter den Mitgliedern der Bundestagsfraktionen der SPD, der Grünen und der Linken nur 15 Selbstständige sind kritisierte Schmalzl. Etwa die Hälfte der Abgeordneten im Deutschen Bundestag komme aus dem öffentlichen Dienst. Das sei an sich nicht schlecht. Ebenso wie der Fakt, dass etwa 40 % der jungen Menschen angeben später gerne beim Staat arbeiten zu wollen. Es brauche aber auch junge Unternehmerinnen und Unternehmer.
In seinem Vortrag hob Johannes Schmalzl zum einen die faktischen, wie auch die emotionalen Herausforderungen hervor. „Die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit wird bei Selbstständigen oder Unternehmer allzu oft zum Luxusproblem erklärt.“ Die Gründungsberatung der IHK nehmen etwa gleich viele Frauen und Männer wahr. Bei den Gründern sind Frauen allerdings mit etwa 20 % noch immer deutlich in der Minderheit. Und das, obwohl diese oft die besseren Abschlüsse vorzuweisen hätten. Auch die Angst zu scheitern müsse aus den Köpfen und die Chancen auf wirtschaftliches Wachstum und zusätzliche Arbeitsplätze im F
okus stehen.
Johannes Schmalzl erklärte auch „Digitalisierung ist Chefsache“. Eine digitale Infrastruktur ist ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung der Region Stuttgart. Doch die Digitalisierung zeige sich auch von Ihrer negativen Seite. Ehrenamtliche Mandatsträger müssen sich immer öfter mit unzählig zusätzlich angehängten Dokumenten auseinandersetzen. Man versuche sich so für jeden erdenklichen Fall abzusichern. Dies sei in der gegebenen Zeit aber kaum zu bewältigen, daher müsse der „Onepager“ zum Antrag eingefordert werden. Alle wichtigen Informationen sollen den Entscheidungsträgern kompakt zugänglich gemacht werden.
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